Wir freuen uns ja immer über wissbegierige Unterstützung in Küche und Büro. Und so sagten wir dann auch direkt Ja, als Désirée anfragte, ob bei uns in der Küche ein Praktikum möglich sei. Und da wir ja alle ein bisschen „wild“ sind und einiges an Erfahrungen aus den verschiedensten Bereichen mitbringen, passte der äußerst vielseitige Lebenslauf der Wahlberlinerin mit den süddeutsch-südamerikanischen Wurzeln ziemlich gut zu uns. Nach ihrem Studium der Kunstgeschichte und diversen Jobs im Bereich des Kultur- und Kunstmanagements hängte Désirée nämlich kurzerhand noch einen MBA in „Advanced Farm Management“ in England hinten dran. Wie ihr Weg von der Kunst über die Landwirtschaft sie dann letztlich in unsere Küche führte erzählt sie hier in einem kurzen Interview.

W&W: Du kommst ja ursprünglich aus einem ganz anderen Bereich. Erzähl doch mal, was dich zu uns in die Küche führt!
D: „Grundsätzlich gibt es für mich kaum etwas Gemütlicheres als mit den Liebsten zu kochen und den Abend zu verbringen. Seit ich mich erinnern kann, habe ich ein großes Interesse an Lebensmitteln und deren Verarbeitung macht mir einfach Spaß – es gibt mir das Gefühl etwas Sinnvolles zu tun und ich kann mich voll darauf konzentrieren. Durch meine Arbeit in der zeitgenössischen Kunst wusste ich, dass ich gerne unter Stress arbeite und auch sehr gerne blockweise und projektbezogen. Außerdem spürte ich, dass mir manuelle Aufgaben fehlten. Nur in wenigen Situationen hatte ich in meinen bisherigen Jobs die Möglichkeit persönlich etwas zu produzieren. Hinzukommt, dass ich den ersten Schritt in die „hemdsärmlige“ Richtung bereits vor ein paar Jahren gegangen bin, indem ich meinen Master in Farm Management gemacht habe und seitdem eine Getreidefarm in Argentinien mit der Umstellung auf Regenerative Landwirtschaft betreue. Durch diese Arbeit interessiert mich der Kreislauf von Lebensmittelproduktion bis hin zur Verarbeitung natürlich umso mehr. Dabei ist auch sehr interessant, die unterschiedlichen Standards von Südamerika und Europa zu sehen, was Landwirtschaft und Konsum angeht. Diese Betriebsumstellung der Getreidefarm ist zeitweise sehr intensiv und oft bin ich deshalb auf Reisen aber zwischendurch habe ich immer wieder Lücken in denen ich Zeit habe neue Erfahrungen zu sammeln. Kochen steht schon so lange auf der Liste – es war allerhöchste Zeit, dass ich damit außerhalb von zu Hause angefangen habe.“
W&W: Stichwort „Nachhaltiger Konsum in der Lebensmittelindustrie & Gastronomie: Was ist dir da besonders wichtig? Wie ernährst du dich, worauf legst du wert?
D: „Für mich ist in erster Linie wichtig darauf zu achten, wie die Tiere gehalten werden. Also das heißt nicht, dass ich gegen Fleischkonsum bin, einfach weil ich denke, dass eine nachhaltige Landwirtschaft eine Kreislaufwirtschaft ist, dazu gehört beispielsweise auch Tierdung. Das bedeutet aber nicht, dass man extensive Tierhaltung betreiben sollte und dadurch übermäßig schlachten sollte, wie leider üblich. Daher ernähre ich mich schon hauptsächlich vegetarisch oder auch vegan. Für mich ist es wichtig darauf zu achten, dass die Bio-Diversität erhalten bleibt und ein ökologisches Umdenken auch von politischer Seite aus essentiell unterstützt wird. Allerdings stoße ich selbst oft an meine Grenzen. Die (bisher noch vorhandene) Leichtigkeit in der hiesigen Gesellschaft, im Verstoß gegen umweltfreundliches Handeln, bahnt sich ihren Weg schneller als man denkt. Ich habe dennoch das Gefühl, dass wir hier in Berlin schon ganz weit vorne sind was die Sensibilität für Umweltschutz betrifft. Es wird viel berichtet und diskutiert. An der Umsetzung jedoch hapert es; das ist allerdings bei den meisten Themen so.“
W&W: Was wünschst du dir denn, in deinem Praktikum hier bei uns lernen zu können? Und was meinst du, kann von deinem breit gefächerten Erfahrungsschatz unsere Küche bereichern?
D.: „Erstmal bin ich total beeindruckt nach meinen ersten Tagen hier, weil die Stimmung so gut ist. Man hört ja so oft, dass in Küchen ein rauer Tonfall herrschen soll. Man hört von extrem gestressten Köchen und von einem oft schlechten Klima untereinander. Diesen Eindruck habe ich bei Wild & Wiese nicht. Im Gegenteil: Ich bin total begeistert davon, wie sehr man mir das Gefühl vermittelt, dass man mir etwas zeigen möchte. Es ist echt ein professionelles, aufgeschlossenes Team mit witzigem Musikgeschmack. Auch interessant ist zu sehen, dass das feste Team mit unterschiedlich vielen Freelance-Köchen zusammenarbeitet. Aber klar, keine Frage: Die Tage sind lang, das Stresslevel an manchen Tagen hoch und durch die Vielfalt der Gerichte fehlt teilweise die Routine. Das ist natürlich anstrengender als jeden Tag oder jede Saison das Selbe zu kochen wie bei „à la Carte-Restaurants“. Aber deshalb wird man bei Euch als Koch ja in der Regel auch erst gebucht wenn man schon mal Küchenchef war. Da stellt sich für mich persönlich nun die entscheidende Frage welchen Weg ich einschlagen sollte, wenn ich in der Branche Fuß fassen will. Denn eines ist klar: der Unterschied zwischen professionellem Kochen und privatem Kochen ist enorm und ich habe schnell gemerkt, dass ich noch einiges Lernen muss um einem Team eine wirkliche Unterstützung sein zu können. Für mein Praktikum habe ich mir extra ein Catering-Unternehmen ausgesucht weil ich denke, dass die Arbeit hier am vielseitigsten ist, ich am meisten lernen kann und weil ich hierbei die Möglichkeit habe punktuell ein Event als eigenständiges Projekt zu begleiten. Einbringen kann ich sicherlich mein Wissen über Lebensmittelproduktion und wohl auch meine Erfahrungen bei der Organisation von Veranstaltungen.“
W&W: Hast du ein Lieblingsessen, welches du gerne immer wieder kochst?
D: „Ja, Mangoldpasta! Als ich 13 oder 14 war, waren meine Familie und ich bei Freunden in Italien auf deren Hof. Das war alles ganz spontan, wir waren viel mehr Gäste als erwartet und die Gastgeberin schnitt einfach eben nochmal frischen Mangold aus dem Garten, machte simple Gnocchi und stellte die riesige Schüssel auf den Tisch und natürlich schmeckte es großartig… Dieses Erlebnis ist „Bullerbü“, schon klar, aber das hat mich einfach nachhaltig beeindruckt. Dieses großzügig-familiäre Gefühl, das Gefühl, dass jeder willkommen ist und kochen eine Selbstverständlichkeit, die man einfach können muss, hat mich nie wieder verlassen – zum Glück.
W&W: Danke liebe Désirée – und weiterhin viel Spaß in der Küche!